Manga Bell: Märtyrer im Kampf gegen die deutsche Kolonialmacht – DW – 29.11.2014 (2024)

Irgendwann zwischen einem Blick auf seine geschundenen Landsleute in Kamerun und einem erneuten Brief an den deutschen Reichstag muss Douala Rudolf Manga Bell seine Bewunderung für das Deutsche Kaiserreich verloren haben. Es sollte nur noch wenige Wochen dauern, bis Bell am 8. August 1914 im "Deutschen Schutzgebiet" Kamerun erhängt wird. Überliefert sind seine letzten Worte: "Unschuldiges Blut hängt ihr auf. Umsonst tötet ihr mich. Verdammt seien die Deutschen. Gott, ich flehe Dich an; höre meinen letzten Willen, dass dieser Boden niemals mehr von Deutschen betreten werde."

Die Kreation des "Häuptlings"

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Rudolf Douala Manga Bell, geboren 1873, war König der Douala und einer der wichtigsten Oberhäupter Kameruns. Sein Großvater hatte 1884 mit Deutschland einen "Schutzvertrag" geschlossen, faktisch die Einleitung der deutschen Kolonialherrschaft in Kamerun. "Die Douala hatten bereits seit dem 17. Jahrhundert Kontakte mit europäischen Händlern und damit auch viele Gemeinsamkeiten etabliert", sagt Stefanie Michels, Historikerin an der Universität Düsseldorf. "Die Douala haben sich immer als gleichberechtigte Partner gesehen, die bestimmte Rechte verbrieft bekommen haben." Der Großvater schickte Bell erst auf die deutsche Regierungsschule in Kamerun, später für mehrere Jahre zur Schulbildung nach Deutschland.

Die Zeit in Deutschland prägte Manga Bells weiteres Leben. Zurück in Kamerun galt er als Vermittler zwischen der deutschen Kolonialverwaltung und dem Volk der Douala. Die Deutschen hatten inzwischen ihre Herrschaft in dem westafrikanischen Land durch die Ansiedlungen von Geschäftsleuten und Kolonialbeamten gefestigt. Von den Einheimischen erwarben sie Land für Warenlager und Wohnbauten. "Manga Bell interessierten sowohl die deutschen Werte. Er sah aber vor allem auch die Möglichkeit, mit Hilfe der Deutschen seine Macht zu festigen", sagt Andreas Eckert, Professor für die Geschichte Afrikas an der Humboldt-Universität zu Berlin. Die Deutschen hatten ihm den Titel "Häuptling" verliehen - eine Position, die es in der Douala-Gesellschaft in der Form und mit den Machtbefugnissen gar nicht gab, so Eckert. "Er hatte die Gerichtsbarkeit, er sammelte Steuern ein, er erhielt Aufwandsentschädigungen für seine Arbeit. Das war also auch finanziell eine lukrative Sache."

Bell kämpft mit seiner Waffe: dem Wort

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Doch dann kam der Bruch. 1910 legte der deutsche Gouverneur Theodor Seitz ein Stadtplanungskonzept für Douala vor. Ziel: Das Wohngebiet der Douala am Flussufer sollte eine reine Europäer-Stadt werden. Alle Einheimischen sollten gegen eine geringe Entschädigung ins sumpfige Hinterland umsiedeln. Die Argumente der Europäer: Das Wirtschaftszentrum Douala sollte ein Aushängeschild deutscher Kolonialpolitik werden. Und die Rassentrennung schütze die weißen Siedler vor den so gefürchteten Krankheiten. "Die Deutschen unterstellten den Afrikanern, sie seien ohnehin schmutzig, sie würden Krankheiten wie Malaria übertragen", sagt Eckert. "Diese Herabsetzung war gerade für jemanden wie Rudolf Douala Manga Bell, der sich selbst als Freund der Deutschen sah, als jemand der sehr zivilisiert war, der die deutsche Sprache sprach, sehr schmerzlich."

Rudolf Douala Manga Bell kämpfte gegen die Zwangsumsiedlungen, gegen die rigorose Enteignungspolitik, gegen die Rassenpolitik der Deutschen, gegen seine Desillusionierung. "Er kämpfte mit seiner Waffe", so Eckert, "dem Wort". Er schrieb Petitionen an den Reichstag, mobilisierte Parlamentarier, Missionare und Journalisten für seine Sache und gegen den "Rechtsbruch der Enteignung der Douala". Manga Bell führte einen politischen Kampf, eine Auseinandersetzung mit Argumenten.

Nervosität vor dem Ersten Weltkrieg

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Die Deutschen hingegen schmetterten seine Eingabe 1912 ab. Ein Jahr später begann die Polizei mit der Zerstörung der ersten Häuser. Der König der Douala blieb hartnäckig, schrieb weitere Eingaben, schickte einen Unterhändler nach Deutschland. Ohne Erfolg: 1914 wurde Rudolf Douala Manga Bell wegen "Hochverrats" verurteilt und am 8. August erhängt. Heute wird die Tat als "Justizmord bewertet, mit dem der Widerstandskämpfer Manga Bell in die kamerunischen Nationalgeschichte eingegangen ist", so Professorin Michels. Deutschland habe wegen des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges enorm unter Druck gestanden, sagt der kamerunische Historiker Henri Manga. "Deutschland fühlte sich angesichts der erwachten kamerunischen Nationalbewegung bedroht. Es wollte die Bewegung bereits im Keim ersticken." Die Hinrichtung Manga Bells sollte ein Exempel statuieren, so der Historiker: Seht, was mit euch geschieht, wenn ihr euch gegen uns auflehnt.

Der König, ein Held

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In Kamerun lebt die Erinnerung an den Douala-König und Widerstandskämpfer als Nationalheld weiter, erzählt Sylvie Andela Bambona. Sie ist Lehrerin an einem Gymnasium in Kamerun. "Er hat sich gegen die Kolonialmacht positioniert und ist für die Interessen seines Volkes eingetreten. Deswegen ist er sehr bekannt hier. Seine Geschichte steht in allen Geschichtsbüchern. Alle großen Gedenkfeiern ehren ihn als einzigartige historische Figur."

International werde immer behauptet, Afrika habe keine Geschichte, klagt der Historiker Henri Manga. "Aber wir können das Gegenteil beweisen. Kamerun ist Teil dieser Geschichte Afrikas. Kamerun hat Persönlichkeiten, die international als Schlüsselfigur für die Weltgeschichte gelten können."

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Author: Lidia Grady

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